Franzobel: Das Floß der Medusa

„Wo es kein Brot gibt, gibt es kein Gesetz mehr.“

Postmodernes Spiel mit der Literatur und ihrer Geschichte lockert die historisch verbürgte Gebundenheit der Havarie der Medusa und des fürchterlichen Schicksals der 150 auf einem selbstgebauten Floß zurückgelassenen Menschen erzähltechnisch auf. Dieser Blick erlaubt uns, einen schützenden Raum zwischen uns und das Geschehen einzubauen, gleichzeitig finden wir uns konfrontiert mit den Fragen und Zweifeln, die das Gelesene im eigenen Kopf auslöst.

Weiterlesen „Franzobel: Das Floß der Medusa“

Ingo Schulze: Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst

Wie werden wir nur dieses verdammte Kapital wieder los?

Ein Schelmenroman soll’s sein, voller Ironie. Ingo Schulzes opulenter 600 Seiten Roman erzählt ab der Jugendzeit die Entwicklung eines jungen Mannes, der stets getragen von einem unumstößlichen Idealismus voller Überzeugung nach der Wende 1989 sein Fähnlein in die andere Richtung hängt, aber immer mit Inbrunst das Gute für die Allgemeinheit will. Ingo Schulze sagt im Interview im Tagesspiegel:

Ich war nicht naiv genug, um mir so etwas wie den Herbst 1989 wirklich vorstellen zu können. Aber als es dann da war, war ich, wie Peter Holtz, davon überzeugt, jetzt wird daraus tatsächlich eine demokratische Republik, ein Sozialismus mit menschlichem Antlitz.“ Weiterlesen „Ingo Schulze: Peter Holtz. Sein glückliches Leben erzählt von ihm selbst“

Christoph Höhtker: Das Jahr der Frauen

Die Reise führt durch mehrere Etagen einer in Genf sitzenden internationalen gemeinnützigen Organisation, durch verschiedene Länder und viele Betten. Ein lebensmüder PR- Misanthrop arbeitet an der Biographie des Gründers dieser Vereinigung und lässt vermuten, dass es in der ganzen Auslegung der Geschichte um einen einzigen PR-Fake geht. Und auf diese Art ist es auch erträglich, die ganzen Frauengeschichten als einen großen Selbstbetrug mit misogynen Abstandshaltern einzuordnen, ohne die der Lebensmüde lieber heute als Morgen aus dem Leben scheiden würde.

Weiterlesen „Christoph Höhtker: Das Jahr der Frauen“

Mirko Bonné: Lichter als der Tag

Wieder steht er auf der Longlist für den Deutschen Buchpreis. Mirko Bonné, ein Schriftsteller, der sein Handwerk sehr gut beherrscht, der es versteht, eine Atmosphäre zu kreieren, die einen Sog entwickelt in das Innenleben des Hauptprotagonisten hinein, in seine Verzweiflungen und Widersprüchlichkeiten. Es sind immer tragische Figuren, die vom Leben in eine Tiefe gerissen wurden, aus der heraus sie einen anderen Blick für die Nuancen von Dunkelheit und Helligkeit entwickeln. Und das ist der einmalige Lesegenuss an den Romanen Bonnés, dieses besondere Gefühl eines vom Leben Mitgenommenen, der nicht nur die Schattenseiten, sondern auch die leuchtenden Momente besonders intensiv beschreiben kann, immer begleitet von einem ganz speziellen Glück der Melancholie.

Weiterlesen „Mirko Bonné: Lichter als der Tag“

Julia Wolf: Walter Nowak bleibt liegen

Ex-Alphamännchen im Rentenalter knallt mit voller Kraft voraus gegen eine Schwimmbeckenwand im Konkurrenzschwimmkampf mit einer jungen Frau. Zu Hause in seinem Badezimmer bleibt er auf den Fliesen einfach liegen und versucht, sein Selbstbild, seine Lebensgeschichte, seine Beziehungskisten zu retten. Natürlich muss sich Julia Wolf hier einer Menge von Stereotypen bedienen, um dieses völlig überlebte Männerleben zu skizzieren und ja es ist enervierend, wenn die Typologie so wenig kreativ ist. Trotzdem.

Weiterlesen „Julia Wolf: Walter Nowak bleibt liegen“

Jonas Lüscher: Kraft

Why whatever is, is right and why we still can improve it?

Jonas Lüscher erzählt die Geschichte eines Professors für Rhetorik, dessen gefühlte Omnipotenz zu bröckeln beginnt, als er sich der Herausforderung einer Preisfrage zur Rechtfertigung der besten aller Welten stellt.

Die Theodizee wird in Lüschers Roman gekreuzt von einer Oikozidee – die freie Hand des Marktes nutzt allen, auch den Ärmsten – und einer Technozidee – die technischen Entwicklungen sind in allen Fällen ein Voranbringen der Menschheit – leider überall mit dem Problem, das wir schon bei Gott hatten: wie kann man die begleitenden Übel rechtfertigen und trotzdem behaupten … Nun denn, in der Technozidee sieht Kraft nicht als größtes Problem, dass der Mensch sich selbst zum Gott macht – sofern er es auf sich bezieht. Es kommen ihm aber auf seiner Reise nach San Francisco und in der Begegnung mit dem amerikanischen Internet Mogul, der das Preisgeld auslobt, erhebliche Zweifel an seinem bisherigen Weltbild.

Weiterlesen „Jonas Lüscher: Kraft“

Bloggen auf WordPress.com.

Nach oben ↑