Kohlhaas auf der Suche nach dem Sinn bei Aristoteles

Wir befinden uns in der „Antike“, in der Zeit, in der Griechenland sowohl in der Kunst, als auch in der Wissenschaft und für die Politik Weichen gestellt hat. Die griechischen Stadtstaaten sind auf dem Höhepunkt ihrer Geschichte. Sie bilden die Grundlage für die Entwicklung einer Vorstellung von Gesellschaftsstruktur in der sogenannten zivilisierten Welt. Die Ethik als Wissenschaft vom moralischen Handeln untersucht und lehrt die Paradigmen, die zu einem großen Teil bis heute als Maßstab für Moral Gültigkeit haben. Deshalb können wir auch die Konflikte der Protagonisten in den klassischen griechischen Dramen immer noch verstehen und nachvollziehen.

Aber was kann uns die aristotelische Tugendethik noch bedeuten?

Wir ver-nutzen uns und unsere Zeit. Wie sollte man unter Konkurrenz- und Leistungsdruck eine Kultur der Großzügigkeit und Freigebigkeit pflegen können? Und wer kann ein ausgleichendes Bewusstsein für Gerechtigkeit weiterentwickeln, wenn von steigender Mehrheit die Verhältnisse als zunehmend ungerecht wahrgenommen werden?

Das größtmögliche Glück ist nach wie vor das Ziel, aber nicht mehr durch die Mittel der Tugend zu erreichen.

4 Kommentare zu „Kohlhaas auf der Suche nach dem Sinn bei Aristoteles

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  1. Für die kritische Betrachtung der Tugendethik herzlichen Dank. Das Video ist mit der „Schule von Athen“ wieder schön bebildert und zeigt kreatives Gedankenspiel mit dem Papier.
    Die klassischen Tugenden Besonnenheit, Tapferkeit, Weisheit und Gerechtigkeit, wie sie Platon entwickelt hatte, werden hier von Aristoteles verfeinert und mit Maß und Mitte verbunden. Deutlich wird, dass „Glückseligkeit“ oder „Bürgerglück“, wie es auch einmal übersetzt wurde, nicht allein eine individuelle Angelegenheit ist, sondern immer mit der guten Verfassung und dem guten Regieren zu tun hat. Insofern überzeugt mich das griechische Tugendprogramm mehr als etwa zeitgenössische „Werte“-Diskussionen. Die Tugend-Lehre geriet durch die „preußischen“ Tugenden und „Sekundärtugenden“ über längere Zeit in Mißkredit. Insofern finde ich es hilfreich, sich ihrer ursprünglichen Wurzeln zu vergegenwärtigen. Besonnen, mutig, klug zu handeln scheint mir erstrebenswert. Die menschliche Erfahrung zeigt, dass es keine umfassende und dauerhafte Glückseligkeit auf Erden gibt. Ihre Idee mag gleichwohl die Kritik der bestehenden Verhältnisse begründen. Bin schon gespannt, wie es hier mit dem Philosophieren weitergeht …
    Viele Grüße, Bernd

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  2. Vielen Dank, lieber Bernd, zu deiner fundierten Differenzierung der Entwicklung der Tugenden. Ein in Misskredit geratener Begriff, der aber in der Philosophie immer noch und immer wieder neu diskutiert wird. Eigentlich müsste an dieser Stelle die Martha Nussbaum ausführlicher dargestellt werden mit einem Ansatz dazu, was der Tugendbegriff zu leisten in der Lage wäre. Aber nein, die Reise wird mit Epikur weitergehen … LG Dagmar

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  3. Danke schön, Dagmar, für das Feedback. Um auf Aristoteles‘ Nikomachische Ethik zurück zu kommen, er besprach im Umgang mit anderen Menschen die Gelassenheit, Freundlichkeit, Heiterkeit und auch Schamhaftigkeit. Auch Wohlgesinntheit kommt vor und Wohlberatenheit.
    Auf gedankliche Reisen mit Martha Nussbaum und Epikur freue ich mich.
    Schöne Grüße, Bernd

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    1. Ja, die Nikomachische Ethik kann nach wie vor eine Anregung geben zur Überprüfung der eigenen Lebenspraxis und es lässt sich eben auch fragen, was Staaten ihren Bürgern ermöglichen. Und nicht zu vergessen ist darin auch die Rolle der Freundschaft.
      Die Martha Nussbaum muss ich leider auf eine anderen Zusammenhang veschieben (vielleicht nächstes Semester: Politische Philosophie). Sie wird in meinem Kohlhaas Buch nur ergänzend erwähnt. Also, ich bastle noch an Epikur.
      Liebe Grüße
      Dagmar

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