Maja Göpel: Unsere Welt neu denken – Eine Einladung.

Krisen bringen das Beste und das Schlechteste im Menschen hervor. Ein altes Sprichwort sei das. 2020 wird es häufig in den Mund genommen, vom Bundespräsidenten Frank Walter Steinmeier, vom „Weltspiegel“, von Menschen die sich Sorgen machen und von solchen, die in der Krise eine Chance für nach der Krise sehen. Worauf wollen wir den Fokus richten? GesellschaftswissenschaftlerInnen wie Maja Göpel, „Unsere Welt neu denken“, entwickeln mutig ein Szenario einer politischen Weltordnung, die sich daran orientiert, was für die Zukunft des Menschen auf diesem Planeten tragend sein könnte. Als Politökonomin fordert sie „Nullwachstum“. Schon der Klang dieses Begriffs lässt ÖkonomInnen zurückzucken. Nullwachstum bedeutet ja aber nicht, dass keine Wertschöpfung erfolgt. Es bedeutet, dass wir weniger produzieren, aber dafür andere Dinge produzieren, nachhaltiger produzieren, Energiehaushalt ausgleichen, Recycling, cradle to cradle. Wofür braucht es denn das Wachstum? Für die Steigerung der Gewinne einer immer kleiner werdenden Gruppe von Global Playern – wie dem Amazon Chef zum Beispiel? Schon vor zehn Jahren hat Tomas Sedlacèk mit seiner Ökonomie von Gut und Böse dieselbe Argumentation verfolgt und für eine Schrumpfung des ökonomischen Wachstums plädiert. Und wie Maja Göpel heute – das Buch wurde übrigens vor Corona fertiggestellt – forderte er dazu auf, noch einmal zu überdenken „Was ist der Mensch unserer Ansicht nach?“ (Ökonomie von Gut und Böse, S.405). Um dieser Frage vor den politökonomischen Herausforderungen der Gegenwart nachgehen zu können, ist ein Blick auf die strukturellen Zusammenhänge gefordert. Denn wie Maja Göpel darstellt: Institutionen sind ja alle menschengemacht. Mit dem Eigentum haben wir eine Art von Föderalismus entwickelt, der die Gesellschaften immer wieder spaltet in arm und reich und wir haben geradezu plutokratische Verhältnisse mit regelrechten „Dynastien“ von Produktionsmittel- oder Ressourceneignern. Thomas Piketti hat in „Das Kapital im 21. Jahrhundert“ trefflich dargestellt, wie viele Menschen, die große Vermögen verwalten, mit den Ressourcen, die dahinterstehen in Form von Land, Maschinen, menschlicher Arbeitskraft, noch nie etwas zu tun hatten. Als Mitdenkenkerin im WBGU, im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen, der Konzepte entwickelt für globale Nachhaltigkeit, glaubt sie an die Möglichkeit großer Transformationen. „Ein Zeitalter geht zu Ende, sagt Maja Göpel. Die Epoche, in der die Menschen immer umfassender mit Energie, Nahrung, Medikamenten und Sicherheit versorgt worden sind. Alle Systeme, die so scheinbar verlässlich funktioniert haben, stehen gerade enorm unter Druck.“ (aus titelthesentemperamente vom 26.04.2020, https://www.daserste.de/information/wissen-kultur/ttt/sendung/sendung-vom-26042020-104.html) Die Welt hält den Atem an. Zu Zeiten der Corona-Krise haben wir die Möglichkeit und wir haben die Pflicht uns noch einmal zu fragen: Welche Zukunft wollen wir haben? Wie können wir umdenken, wie können wir umstrukturieren für eine nachhaltige Zukunftsplanung in Tierhaltung, Landwirtschaft, Mobilität uvm. Und Maja Göpel ist der Ansicht: „Die Erfahrung von Selbstwirksamkeit ist das beste Mittel, um in einer Krise von reaktivem Abwehren auf aktive Lösungsgestaltung zu schalten. Und wenn wir unsere Selbstwirksamkeit so ausleben, dass sie auf Verständigung und Kooperation angelegt ist, dann kommen auch weitere wirksame Menschen schneller in Schwingung, als Sie sich das vielleicht jetzt träumen lassen.“ ( S.189) Als Gesellschaftswissenschaftlerin und Politökonomin fasst Maja Göpel in ihrem gut lesbaren popularwissenschaftlichen Essay die Entwicklungen so zusammen, dass das geforderte Umdenken unmittelbar einleuchtet, auch weil sie mit einigen Fakten und Zusammenhängen aufwarten kann, die man vielleicht noch nicht so bedacht hat. Sehr gut gemacht ist der Anhang mit einer Vielzahl digitaler Quellen zur weiteren Recherchearbeit als Anregung für diejenigen, die „Weiter denken“, „Weiter handeln“, „Weiter umstrukturieren“ wollen.

Maja Göpel: Unsere Welt neu denken – Eine Einladung.
Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2020

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