Verlag 3.0, Bedburg, 2015
erschienen in der Reihe „ubuntu“
Maria Braig erzählt in diesem Jugendroman die Geschichte eines Mädchens, das in Deutschland geboren mit albanischem Migrationshintergrund und einer traumatisierten Mutter versucht, seinen Platz im Leben zu finden. Amra lernt Mechatronikerin, wird 18 Jahre alt und interessiert sich nicht für Jungs. In früher Jugend gab es einen Vorfall mit Marihuana in ihrer Biografie, der mit Sozialstunden abgegolten wurde.
Nun sieht unser Aufenthaltsrecht vor, dass junge, in Deutschland aufgewachsene Menschen mit Migrationshintergrund, sofern sie eine ungünstige Integrationsbilanz aufweisen, mit 18 Jahren in das Herkunftsland ihrer Eltern abgeschoben werden können.
Diese Ungeheuerlichkeit für die Betroffenen, für ihre Familien, für das ganze Umfeld, wird in ihrem Ausmaß über solch eine persönliche Geschichte überhaupt erst vorstellbar. Maria Braig fügt in ihre Erzählung Informationen ein über das deutsche Aufenthaltsrecht und die Praxis der Abschiebung. Die Geschichte ist zwar eine fiktionale Erzählung, basiert aber auf Bausteinen eines wahren Lebens.
Amra ist fassungslos. Sie soll alleine in ein Land, in dem sie noch nie war, dessen Sprache sie nicht kennt und von dem sie nicht weiß, ob es irgendeinen Menschen dort gibt, zu dem sie Kontakt aufnehmen kann. Trotz aller Bemühungen ihrer Freunde und in der Gemeinde wird sie bereits vor dem angekündigten Abschiebetermin früh morgens aus dem Haus gezerrt und in ein Flugzeug gesteckt. Im letzten Moment kann ihr die Mutter noch einen Zettel mit der Adresse eines Verwandten in die Tasche stecken.
Was sich jedoch als weiterer Albtraum erweist, denn nach den traditionellen Gepflogenheiten gibt es nicht nur keine Arbeit für Amra, es gibt stattdessen eine klare Lebensplanung des Onkels für sie: er möchte sie möglichst schnell verheiraten.
Amra sieht keinen anderen Ausweg als zu fliehen und sich eine Tarnung zuzulegen: Sie wird zu Amir, lebt als junger Mann fortan auf der Müllhalde, lernt einige Brocken der Sprache und durch Beobachtung, wie die anderen Straßenkinder ihr Leben fristen. Amir lebt vom Müll der Supermärkte, schläft in einem Auto auf der Müllhalde und erledigt dafür kleinere technische Reparaturen des Müllhaldenwarts.
Und hier wird das zweite Thema der Erzählung eingeflochten: die Festlegung auf eine Geschlechtsidentität. Interessant sind hier die Informationen über die Anpassungsleistung, die Transsexuelle im Kosovo erbringen müssen, um einigermaßen unbehelligt leben zu können.
Die Turbulenzen gehen weiter. Amir wird von den besten Freunden illegal nach Berlin gebracht, fliegt dort aber irgendwann auf und wird wieder abgeschoben. Das Dasein als junger Mann ist zur Identität geworden. Das Gefühl, nirgendwo mehr anzukommen auch.
Die Geschichte wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt, ist einfach geschrieben und für Jugendliche sicher eine empfehlenswerte Entwicklungsgeschichte, bei der zu mehreren Themen reflektierte Auseinandersetzung angeregt wird.
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