Sexismus-Debatte

Nein, es ist nichts dabei, wenn ein Mann einer Frau sagt, dass ihr ein Kleid gut steht, dass sie ein Dirndl ausfüllen könnte oder andere Nettigkeiten. Es ist auch nichts dabei, wenn ein Mann einer Frau die Hand küsst. Und es ist nichts dabei, wenn ein Mann eine Frau in den Arm nimmt, wenn ein Mann und eine Frau sich küssen, wenn ein Mann und eine Frau miteinander schlafen… Es ist nichts dabei.

Entscheidend ist das Verhältnis, in dem die beiden zueinander stehen, entscheidend sind die eingeschriebenen Machtstrukturen, innerhalb derer ein Teil der Bedeutung des Geschilderten festgelegt wird, entscheidend sind gesellschaftliche Interpretationen, im Subtext versteckt, aufgrund von jahrhundertelangen ‚Rollenerwartungsmodellen‘ festgeschrieben.

In der Zeit vom 27.01.13 heißt es: Die Frauenrechtlerin Alice Schwarzer sagte, seit Laura Himmelreich Klartext geschrieben habe, sei Brüderle „kein Politiker mit Zukunft mehr, sondern ein Mann von gestern“. In ihrem Blog schrieb die 70-Jährige: „Das beklagte sexistische Verhalten disqualifiziert endlich auch den Mann.“

Interessant wird sein, was nun im weiteren Verlauf passiert, wie Alice Schwarzer in der Günther Jauch-Sendung am Sonntag Abend anmerkte. Denn nun geht es tatsächlich darum, nicht weiterhin zu dulden, dass Grundlagen, die im Allgemeinen Antidiskriminierungsgesetz eine formale Niederlegung bekommen haben, gesellschaftlich  von einer Doppelmoral belegt und zuungunsten der Diskriminierten behandelt werden.

Überall wo Menschen, die in einem bestimmten Machtverhältnis zu anderen Personen stehen, dieses ausnutzen, um ihre Interessen auszuspielen, handelt es sich um einen eklatanten Missbrauch von Macht. Ob der erfolgreiche Mann, der Chef, die Erzieher, die Eltern ihre Überlegenheit ausspielen, es kommt zu Übergriffigkeiten, die denen, die sich in der überlegenen Position befinden, nun endlich auch vor Augen geführt werden müssen als Delikte, die ihre Position diskreditieren. Bestimmte Stellungen in der Gesellschaft, und dazu gehören ganz besonders die Positionen der Politiker, weil sie als Repräsentanten, als Gesellschaftsgestaltende und -verwaltende auftreten, sind mit dem bewussten Umgang dieser Positionen so eng verbunden, dass dieser Umgang diese erst begründet.

Dass weiterhin die Opfer dargestellt werden, als suchten sie (wie die Baden-Württembergische Integrationsbeauftragte geäußert hat) die Nähe von mächtigen Männern, dass weiterhin die Opfer angeklagt werden, dafür hat sich diese Gesellschaft schon zu lange mit Fragen der Gleichstellung und des Sexismus auseinandergesetzt. Da mag die Altherrenrige noch zusammenhalten, in der Außenwahrnehmung ist es aber genau die Bagatellisierung, die als Teil einer legitimierten Macht endlich kritisiert wird. Wenn dieses Verhalten als Machtmissbrauch anerkannt wird, kann sich etwas verändern im Subtext der möglichen Machtausübung. Vielleicht können dann Frauen und Männer irgendwann entspannt nachts an der Bar sitzen und sich auch Nettigkeiten sagen, weil beide aufmerksam sind, ob der Flirt als gegenseitiger erwidert wird.

http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2013-01/bruederle-sexismus-belaestigung

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