The Gender-Questions

Ambitionierte Titel („Das Ende der Männer…“; „Frauen, wie wollen wir leben?“) werfen ihre Schatten voraus. Zu Hanna Rossins mehrfach positiv besprochenem Buch „Das Ende der Männer und der Aufstieg der Frauen“ hat Claudius Seidl von der FAZ eine interessante These aufgestellt (siehe Zitat unten): Das, was Rossin als die herausragenden Fähigkeiten der Frauen und Mädchen darstellt – ihre Anpassungsfähigkeit, Flexibilität auf dem Arbeitsmarkt und trotzdem immer die Stabilisierung der Familie – ist nicht das, was sie zu neuen Ufern führt und ihre Überlegenheit herausstellt, sondern ganz simpel die Fortführung der Geschlechterungleichheit und ihre Zementierung. Indem Frauen stabilisierend ihre Kräfte walten lassen, sichern sie auch die Fortführung der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse. Was den Frauen zum Vorteil gereichen müsste, schlägt in den herrschenden Verhältnissen, die sich über materielle Belohnungssysteme definieren, zu ihrem Nachteil aus. Und das hängt in erster Linie wohl damit zusammen, dass Geschlecht immer noch ein bestimmtes Verhältnis zu Besitz bedeutet (rund 1% des Vermögens weltweit, laut einer Studie des BMZ, liegt in den Händen von Frauen) und zum Zugang zu Produktionsmitteln. Die Gender- Frage ist nach wie vor eine ökonomische. In allen gesellschaftsgestaltenden Bereichen, auch im kulturellen Bereich, ist die Frage, wie Frauen leben wollen, nur indirekt eine Frage von Gender. Eine „question of class“, wie Elisabeth Ruge auf die Frage  „Frauen, wie wollen wir leben?“ in den „Fragen an acht Künstlerinnen“ antwortet, ist es eben in so fern, als Gender sehr wohl geknüpft ist an die question of class (siehe Zitat unten).

Der „…Aufstieg der Frauen“ und „Frauen, wie wollen wir leben“ sind Titel, die suggerieren, dass verschiedene Formen von Weiblichkeit eine Wahlmöglichkeit beinhalten. Völlig außen vor bleiben die Zwangssituationen aus wirtschaftlicher Not. Allen Bestrebungen von Gender- Mainstreaming und Gleichstellungspolitik für mehr Selbstbestimmung von weiblichen Lebensläufen diametral entgegengesetzt laufen Entwicklungen der wieder stärker instrumentalisierten Sexualisierung von Weiblichkeit. Im Zuge dessen hält Fremdbestimmung in diesem gesellschafltichen Segment zunehmenden Einzug.

Jedes Jahr werden rund 500.000 Frauen aus den Osteuropäischen Ländern nach Europa verschleppt zum Zweck der Zwangsprostitution. Eine expandierende Sexindustrie verkauft Prostitution als Teilbereich legitimierter Wellness- Programme. Doch bei genauerer Untersuchung der Hintergründe wird schnell klar, dass es hier um Menschenhandel geht und Menschenhandel in Europa ist fast ausschließlich Frauenhandel. Nach Untersuchungen gelten 95% als fremdbestimmt, wenn man ins Kalkül zieht, dass wirtschaftliche Not als Merkmal der Fremdbestimmung gilt.

Claudius Seidl: „Es ist auch deswegen so schrecklich, weil sich gerade in diesem kleinen Ausschnitt so deutlich offenbart, dass, was Hanna Rosin für das Neue hält, in Wirklichkeit das uralte Geschlechterverhältnis ist. Während die Mädchen streben, üben sich die Jungen im Widerspruch.“

Artikel der FAZ vom 16.01.13: Mädchen an die Macht, von Claudius Seidl zum Buch von Hanna Rossin: „Das Ende der Männer und der Aufstieg der Frauen.“

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/geschlechterkampf-maedchen-an-die-macht-12023354.html

Elisabeth Ruge: „Ihre Geschichte erzählt uns allerdings auch davon, dass literarische Durchsetzungsfähigkeit nicht nur eine Frage von Gender ist – es ist auch immer a question of class.“ Elisabeth Ruge, Leiterin des neugegründeten Hanser Berlin Verlags. Aus dem Artikel der FAZ vom 17.01.13: Frauen, wie wollen wir leben?

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/geisteswissenschaften/fragen-an-acht-kuenstlerinnen-frauen-wie-wollen-wir-leben-12028495.html

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