Literarische Moderne

Als epochale Zuordnung ist der Begriff der Moderne kaum zu begreifen, vielmehr handelt es sich hierbei um den Versuch, einen Wandel darzustellen, der sich in der Interpretation mit der Zeit auch immer wieder verändert. Zunächst wurde die literarische Moderne auf  das frühe 19. Jahrhundert gesetzt. Ein Beispiel dafür ist E.T.A. Hoffmanns „Lebensansichten des Katers Murr“. Nach Klassik und Romantik versuchte Hoffmann, die Vorgaben des Bildungsromans mit Entwicklungsprozess und Bildungsideal zu ironisieren, indem er einen gebildeten Kater mit breitem Bildungshintergrund als titelgebende Figur beschreibt, die aber über keinerlei Kreativität und im Grunde über keine eigene Persönlichkeit verfügt, sondern sich an der Konvention ausrichtet. Die andere zentrale Romanfigur, Kreisler, wird dargestellt in innerer Zerrissenheit, mit subjektiv motivierten Brüchen im Lebenslauf. Und das ist nun wohl das Entscheidende, wo immer man den Beginn der Moderne festmachen mag: es geschieht eine Wendung hin zur Subjektivität, es werden zunehmend die Einzigartigkeiten in den Blick genommen, auch die Abgründigkeiten des menschlichen Daseins und dies geht einher mit einer Stilpluralität und Aufwertung des Ästhetischen. Außerdem ändert sich der Erzählstil gravierend: die personale Erzählhaltung und der Anspruch, als Autor für den Leser Inhalte erlebbar zu machen, ohne zu beschreiben, wird zur Maßgabe für gelingende Literatur. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, inwieweit sich die Rolle des Lesers mit der Moderne verändert hat.

 

E.T.A. Hoffmann: „Die Lebensansichten des Katers Murr“

Text: http://gutenberg.spiegel.de/buch/3095/1

2 Kommentare zu „Literarische Moderne

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  1. Mir stellt sich die Frage, wie ich die Frage nach der veränderten Rolle des Lesers in der Moderne beantworten soll ohne den umfangreichen Text von „Lebensansichten des Katers Murr“ selbt zu lesen – ist die Veränderung in Bezug auf die Klassik und die Romantik gemeint? Oder: Wer, also welche Leserschaft, las klassische und romantische Bildungsromane und wer las den modernen Bildungsroman?
    Ich habe somit eine nicht fundierte, subjektive und spontane Idee dazu, die nur aus dem Lesen des kurzen Textes „Literarische Moderne“ kam: dem Leser wird mehr Selbständigkeit zugetraut, mehr Raum für eigene Interpreationen gelassen -. er darf Phantasien entwickeln.

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    1. Die Wendung zur Subjektivität bedeutet eben auch den Einzug der Phantasie, nicht nur in idealisierender Form. Der Mensch, der Leser, die Leserin, wird mit sich selbst konfrontiert. Es eröffnen sich aber auch neue Möglichkeiten, die eigene Subjektivität über die Literatur zu spiegeln. Daraus zieht der zukünftige Leser einen Gutteil seines Lesegenusses. Literatur entfernt sich von ihrem Lehrauftrag

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